Der Zahnärztliche Behandlunsgvertrag

Teil I: Vertragstypische Pflichten

 

Seinem Wesen nach ist der zahnärztliche Behandlungsvertrag ein Dienstvertrag höherer Art, der zusätzlichen, zumeist einschränkenden Regelungen durch die Sozialgesetzgebung, die GOZ, berufsrechtliche Regelungen usw. unterliegt.

Durch den Behandlungsvertrag wird der Zahnarzt zur Leistung der versprochenen Behandlung und der Patient zur Zahlung der vereinbarten Vergütung verpflichtet, soweit nicht ein Dritter zur Zahlung verpflichtet ist (§ 630 a BGB). Aus der gesetzlichen Vorgabe ist zunächst Folgendes abzuleiten:

Die geschuldete medizinische Behandlung hat nach den zum Zeitpunkt der Behandlung bestehenden, allgemein anerkannten fachlichen Standards zu erfolgen (Facharztstandard);

im Einzelfall kann eine Abweichung von dem geschuldeten Facharztstandard vereinbart werden, so z.B. im Zusammenhang mit der Anwendung (noch) nicht allgemein anerkannter Behandlungsmethoden;

die Vereinbarung der Vergütung muss nicht ausdrücklich erfolgen. Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Behandlung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist, § 612 BGB.

Da für die beruflichen Leistungen der Zahnärzte eine Taxe (GOZ) besteht, bestimmt sich die Höhe der Vergütung danach.

Dier Vergütung wird fällig, wenn dem Patienten eine der GOZ entsprechende Rechnung – nach Muster gemäß Anlage 2 zur GOZ - erteilt worden ist

Durch das „Gesetz zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten“ (Patientenrechtegesetz) sind folgende Informations- und Aufklärungspflichten jetzt ausdrücklich geregelt:

Der Zahnarzt ist verpflichtet, dem Patienten in verständlicher Weise zu Beginn der Behandlung und ggf. in deren Verlauf sämtliche für die Behandlung wesentlichen Umstände zu erläutern;

weiß der Zahnarzt, dass eine vollständige Übernahme der Behandlungskosten durch einen Dritten nicht gesichert ist oder ergeben sich nach den Umständen hierfür hinreichende Anhaltspunkte, muss er den Patienten vor Beginn der Behandlung über die voraussichtlichen Kosten der Behandlung in Textform informieren;

vor Durchführung einer Behandlung ist der Zahnarzt verpflichtet, die Einwilligung des Patienten einzuholen. Die Wirksamkeit der Einwilligung setzt voraus, dass der Patient (und bei Einwilligungsunfähigkeit, der Berechtigte) vor der Einwilligung aufgeklärt worden ist.

Zur Aufklärung gehören insbesondere, Art, Umfang, Durchführung, zu erwartende Folgen und Risiken der Behandlung sowie ihre Notwendigkeit, Dringlichkeit, Eignung und Erfolgsaussichten im Hinblick auf die Diagnose und die Therapie.

Gesetzlich ist jetzt auch eine eingeschränkte „Denunziationspflicht“ vorgesehen. Sind für den Zahnarzt nämlich Umstände erkennbar, die die Annahme eines (eigenen oder fremden) Behandlungsfehlers begründen, hat er den Patienten über diese auf Nachfrage oder zur Abwendung gesundheitlicher Gefahren zu informieren.

Teil II wird sich mit der Frage befassen, wer Vertragspartner der Zahnarztpraxis und damit Rechnungsempfänger ist.

 

 

Teil II: Vertragspartner

 

Im „pma aktuell“, Ausgabe 08/2014, haben wir die typischen Pflichten beschrieben, die sich aus einem Behandlungsvertrag ergeben. Zu den Hauptpflichten gehören einerseits die Behandlung und andererseits die Vergütung. Vorliegend geht es um die Frage, wer diese Vertragspflichten zu erfüllen hat.

§ 630 a) Abs. 1 BGB bestimmt als Parteien des Behandlungsvertrages auf der einen Seite denjenigen, der die Behandlung zusagt (Behandler) und auf der anderen Seite den Patienten.

Behandler im Sinne des Gesetzes ist nicht stets derjenige, der die Leistungen auch ausführt. Vielmehr kommt es entscheidend darauf an, in wessen Namen und auf wessen Rechnung die Behandlung zugesagt wird. Die Erbringung der Leistungen kann davon unabhängig auch durch einen Dritten (angestellter Zahnarzt oder ZFA) erfolgen. Dieser wird Erfüllungsgehilfe genannt.

Bei Berufsausübungsgemeinschaften werden die Behandlungsleistungen in der Regel namens der Gesellschaft zugesagt. Dementsprechend können Patienten ihre Forderungen aus und im Zusammenhang mit dem Behandlungsvertrag auch gegen alle Gesellschafter geltend machen.

Zur Gewährung der vereinbarten Vergütung ist nach § 630 a) Abs. 1 BGB der Patient verpflichtet, jedoch nur „soweit nicht ein Dritter zur Zahlung verpflichtet ist“. Die Ausnahme betrifft in erster Linie die Behandlung von sozialversicherten Patienten, aber auch solchen, die als Angehörige bestimmter Berufsgruppen einen Freistellungsanspruch gegen ihren Dienstherrn haben, wie z.B. Polizisten etc.

„Soweit“ der Dritte jedoch nicht einstandspflichtig ist, bleibt es bei der Zahlungsverpflichtung des Patienten.

Besondere Probleme wirft die Behandlung Minderjähriger in der Zahnarztpraxis auf.. Als solche gelten alle Patienten, die noch nicht das 18. Lebensjahr vollendet haben. Innerhalb dieser Gruppe sind jedoch Unterscheidungen vorzunehmen:

Bis zur Vollendung des 7. Lebensjahres sind Patienten geschäftsunfähig und können dementsprechend gar keine rechtsverbindlichen Verpflichtungen eingehen. Ein Behandlungsvertrag ist bei dieser Gruppe zwingend mit den gesetzlichen Vertretern, also in der Regel mit den erziehungsberechtigten Eltern, abzuschließen. Diese sind dann auch die legitimen Rechnungsempfänger.

Zwischen dem 7. und dem 18. Lebensjahr besteht beschränkte Geschäftsfähigkeit. Hier kann ein Vertrag mit dem Patienten zustande kommen, wenn er zuvor oder nachträglich die Erlaubnis der gesetzlichen Vertreter erhält. Hier ist Vorsicht geboten. Wird ein solcher schwebend unwirksamer Vertrag nachträglich von den Eltern genehmigt, kommt er mit dem minderjährigen Patienten zustande, der dann auch der Rechnungsempfänger und Zahlungsverpflichtete ist, ggf. vor dem Hintergrund einer fraglichen Finanzsituation. Es sollte in diesen Fällen daher stets vor Behandlungsbeginn festgestellt und dokumentiert werden, dass der Vertrag mit den Eltern zu Gunsten des minderjährigen Patienten zustande kommt. Dann ist auch die Rechnung an den oder die Erziehungsberechtigten zu richten.

Bei getrenntlebenden oder geschiedenen Eltern sind Sorgerechtsfragen und sich daraus ggf. ergebende Bevollmächtigungen, Versicherungsverhältnisse und eventuelle Unterhaltsverpflichtungen im Innenverhältnis zwischen den Elternteilen zu regeln. Wird ein minderjähriger Patient von einem Elternteil zur Behandlung begleitet, ist hiervon unabhängig festzustellen und zu dokumentieren, ob der Behandlungsvertrag nur mit dem begleitenden Elternteil oder vermittelt durch diesen auch mit dem anderen Elternteil gesamtschuldnerisch zustande kommt.

Von der Frage der Zahlungspflicht und des richtigen Rechnungsadressaten ist der Anspruch auf ärztliche Verschwiegenheit und ordnungsgemäße Aufklärung zu unterscheiden. Bei geschäftsunfähigen Patienten kann Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht nur von den gesetzlichen Vertretern wirksam erklärt werden. Die nach dem Gesetz erforderlichen Informations- und Aufklärungspflichten sind ebenfalls diesen gegenüber zu erfüllen.

Bei beschränkt geschäftsfähigen Patienten ist insoweit zu differenzieren. Allein die Aufklärung des minderjährigen Patienten oder die Einholung seiner Zustimmung zur Weitergabe von Patientendaten an Dritte ist in der Regel nicht ausreichend. Insoweit gilt das vorstehend Gesagte zum schwebend unwirksamen Vertrag. Umgekehrt reichen Erklärungen und Aufklärungen der gesetzlichen Vertreter je nach Alter und Verständnis des minderjährigen Patienten auch nicht aus. Sicherlich wird der Behandler schon aufgrund des Erfordernisses zur Herstellung einer Patientencompliance die Aufklärung auch gegenüber dem Patienten vornehmen. Vorsicht ist stets geboten, wenn zwar die gesetzlichen Vertreter der Behandlung nach Durchführung der Aufklärung zustimmen, der minderjährige Patient allerdings Bedenken hat oder sie sogar verweigert.

Sofern nicht unaufschiebbare Behandlungsmaßnahmen anstehen, sollte die Klärung dieses Dissenses dem Patienten und seinen Vertretern überlassen werden. Andernfalls könnte sich hieraus der Verdacht einer rechtswidrigen Körperverletzung ergeben.

Fazit: Vertragspartner des Behandlers ist stets der Patient. Dieser ist zur Zahlung einer Vergütung verpflichtet, soweit nicht ausnahmsweise Dritte einstandspflichtig sind. Bei minderjährigen Patienten ist genauestens darauf zu achten, dass, unabhängig vom Alter, der Behandlungsvertrag stets mit den gesetzlichen Vertretern (in der Regel den Eltern) zu Gunsten des Patienten geschlossen wird. Nur dann ist gesichert, dass auch diese gesetzlichen Vertreter für die Behandlungskosten aufkommen müssen.

RA Joachim K. Mann

Fachanwalt für Medizinrecht

PMH Rechtsanwälte Düsseldorf

 

 

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